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Samstag, 25. Mai 2013

Phoenix Dan Cong - Wald, Sonne und Tee


Nachdem ich letzte Woche in München war, durfte ich mir einen Besuch im Teahouse auf keinen Fall entgehen lassen. Neben einem japanischen Sencha und einem taiwanesischen Oolong landet auch eine Probe eines gereiften Phoenix Dan Cong aus dem Jahre 1995 in meiner Tasche. Da ich ein riesen Fan von Dan Cong Tees bin, wollte ich diesen nicht einfach nur nebenbei trinken, nein - mich verschlug es wieder einmal nach draußen. Die letzten Tage hatte es nur geregnet und auch die nächsten sollten nicht besser werden, aber Dienstag zeigte sich doch stellenweise immer wieder die Sonne und suchte ich mir ein ruhiges Plätzchen im Wald. Umgeben von weichem Moos und inmitten der Sonne war die Stimmung  wunderbar entspannend.
 
Setup im Moos

Nun zum Tee, die trockenen Blätter verströmen einen tollen Duft nach Frucht und die Röstung ist auch zu erkennen. In der vorgewärmten Kanne intensivieren sich diese Eindrücke und ein süßer, angenehmer Duft nach Zitrusfrüchten steigt in meine Nase - Grapfruit, Blutorange..

die gedrehten Blätter tendieren zwischen dunklen Brauntönen & Schwarz

Diesmal spare ich mit das Waschen der Blätter, was sich auch wirklich bezahlt macht. Der Duft der nassen Blätter wird nun atemberaubend intensiv - leichte Säure, aber auch Süße kommen hinzu. Der Geruch des Aufgusses lässt jedoch an etwas anderes denken - man riecht förmlich die lange Lagerung. Leicht erdig und Holz. Der Geschmack ist von Anfang an eindeutig und intensiv, vollmundig, gibt sich dennoch sehr weich und rund. Süße, Grapfruit und spritzige Säure, welche an Nektarine denken lässt. Feuchtes Holz, genauer Nadelholz, was sehr stark dem Geruch des Waldes ähnelt, da alles noch nass vom Regen ist. Der Tee harmoniert perfekt mit der Umgebung, toll! Auch die dunkel gerösteten Blätter zeigen sich nun doch relativ grün.

der Aufguss tendiert zwischen dunkelrot, kupfern und braun

Im zweiten Aufguss finden sich noch schönere Holznoten, gepaart von zunehmender Süße. Im Kontrast dazu steht nun die eindeutige Grapefruitnote, welche von einer wahnsinig intensiven, aber angenehmen Astringenz unterstrichen wird. Diese zeigt sich vorallem durch einen langen und intensiven Nachklang. Meine Zunge, mein Gaumen, mein Rauchen, selbst meinen Zähne werden benetzt und fühlen sich fast schon betäubt an! Genau das zeigt sich im nächsten Aufguss noch stärker, wird dabei aber keineswegs zu aufdringlich oder unangenehm. Ich bin fasziniert!

aufgegossene Blätter

Der vierte Aufguss zeigt sich plötzlich viel weicher und zurückhaltender. Holz dominiert und die Astringenz ist weg... Liegt das an der kurzen Ziehzeit? Ich gieße ein weiteres mal auf.. Das muss an der Ziehzeit gelegen haben! Denn nun zeigt sich wieder die volle Ladung Astringenz und feinherbe Frucht. Auch bei weiteren Aufgüssen kommt genau dies wunderbar zur Geltung, lediglich die Astringenz nimmt bis zum letzten Aufguss immer weiter ab und der Tee an sich gibt sich zunehmend weicher und kommt nicht mehr ganz so vollmundig vor. Aber das kommt so langsam und schleichend, dass genau das auch perfekt auf ein tolles Ende hin arbeitet.

nasses Blattgut - relativ viel Bruch

Fazit: Ein ungemein fesselnder und auch überraschender Tee. Diese intensiv-frischen Fruchtnoten hätte ich nach solch einer langen Lagerung nicht erwartet, wobei ich auch noch relativ wenig Erfahrung auf diesem Gebiet habe. Vorallem die atemberaubende Astringenz ist das, was diesen Dan Cong für mich ausmacht.

Sonntag, 12. Mai 2013

Aller Anfang ist schwer...

... aber verdammt lecker!
Nach längerem Hin und Her fiel dann doch die Entscheidung, mir das passende Zubehör für die Zubereitung von Matcha zuzulegen, da ich in letzter Zeit immer öfter zum Pulver greife. Was bisher noch in der Müslischale mit einem Milchschäumer passiert ist, wollte ich nun selbst in einer zeremoniellen Schale - Chawan - mit einem Bambusbesen - Chasen - "in die Hand nehmen".

Ich erinnerte einen netten Herrn, der beim japanischen Frühlingsfest im augsburger botanischen Garten seinen Stand aufgebaut hatte und neben diversen Gusseisenkannen und hochwertigen Messern auch das ein oder andere Zubehör für Matchazubereitung anbot. Kurzerhand stattete ich seinem Geschäft - La Maison des Théières- in der Altstadt einen Besuch ab. Ich muss sagen, ein ausgesprochen schön geordneter, dekorierter und vor Allem kleiner Laden, der eine angenehme Atmosphäre mit sich bringt. Auch eine überschauliche Auswahl an Keiko Tees und diversen japanischen Keramiken - diesen zum Teil auch nachempfundenen - ist hier zu finden. Nach einem etwas längerem Gespräch, ob denn das diesjährige Frühlingsfest ins Wasser fällt, oder nicht, entschied ich mich für einen dunklen Chasen, einen Dosierlöffel und 30 Gramm Keiko Premium Matcha. Leider gab es bis auf eine einzelne, mein Budget um einiges übersteigende, keine weiteren Chawan. Jedoch wurde ich relaltiv schnell bei Tee Gschwendner fündig und so entschied ich mich für eine braune, teilweise grün glasierte Schale, welche mir auf den ersten Blick ausgesprochen gut gefiel! Besonders der Übergang und die kleinen Risse in der Glasur finde ich sehr schön.

neue Chawan - schöner Übergang von glasiert zu unglasiert

Momentan tendiere ich geschmacklich zu Usucha, also dünnem Tee. Vor Allem weil ich bisher nur kostengünstigeren Matcha getrunken habe und dieser relativ schnell zu Bitternes tendiert. Für die, denen das noch kein kein Begriff sein sollte, eine ganz kurze Erklärung: Man unterscheidet bei der Matchazubereitung zwischen Usucha, dem dünnen Tee (viel Wasser auf vergleichsweise wenig Matcha) und Koicha, dem dicken Tee (wenig Wasser auf vergleichsweise viel Matcha).

 Chasen und Chashaku

Nach etwa fünf Versuchen bekomme ich den Tee nun schon schön schaumig geschlagen, was sich jedoch als nicht sehr einfach herrausgestellt hat. Das Pulver verströmt einen intensiv süßlich-fruchtigen, an Spinat erinnernden Geruch. Geschmacklich ist der Keiko Premium angenehm süß, sehr intensiv, hat eine tolle nussige Note und fühlt sich wunderbar cremig im Mund an. Und dies ohne auch nur im Ansatz zu bittern.


leuchtendes Grün

erste Versuche

Momentan kommt es mir aber auch nicht so sehr auf den Geschmack an, da ich mich vielmehr von der Zubereitung in ihren Bann gezogen fühle. Das macht mittlerweile richtig Spaß! Für mich ist es nun wirklich immer wieder etwas ganz besonderes Matcha zuzubereiten und zu trinken. Bei keinem anderen Tee kann ich so "stolz" auf nein Ergebnis sein, wie hier.

Montag, 6. Mai 2013

Wilder Tee & Alte Narzisse

Sonntags nehme ich mir immer Zeit für einen, oder wie es gestern der Fall war zwei besondere Tees.
Nachdem mir vergangene Woche mein Ausschankkännchen zerbrochen war, wollte ich ein möglichst ähnliches wieder. Jedoch gestaltete sich die Suche danach zunächst ziemlich schwer, da es in dem Shop, von dem ich es habe ausverkauft ist. Nach eine gefühlten Ewigkeit erinnerte ich mich daran, dass ChaDao Glaspitcher im Sortiment hat und wurde dort auch fündig. Neben dem Kännchen landeten noch zwei Proben verschiedener Felsentees aus dem Wuyi Gebirge in meinem Warenkorb.

Bei beiden handelt es sich um Da Hong Paos, stark fermentierte und geröstete Oolong Tees. Nummer eins nennt sich Lǎo Cóng Shuí Xiān - alte Narzisse - und der Zweite Yé Chá - wilder Tee. Aus Interesse an den Unterschieden der beiden Tees habe ich den Shopbetreiber Herr Thamm, welcher sich gerade auf Chinareise befindet, kontaktiert und eine ausführliche Antwort zu meinen Fragen mit passenden Fotos bekommen. Herr Thammbefindet sich zur Zeit in Hangzhou und wird zu einem späteren Zeitpunkt nach Wuyishan reisen. Dort wird er die Famile, die den Tee produziert noch genauer zu den unterschieden in Anbau und Verarbeitung befragen und mir sogar Fotos der entsprechenden Teesträucher zukommen lassen. Das schreit förmlich nach einem Eintrag zu den Felsentees im Allgemeinen, ich bin schon sehr gespannt!

Die Bezeichnung Ye Cha hat mich natürlich besonders neugierig gemacht. So habe ich auf meine Frage, ob es sich denn um echten wilden Tee handle folgende Antwort bekommen:

"Die "wildwachsenden" Teesträucher/-bäume sind keine wirklich wilden Bäume, die über hunderte von Jahren wild wachsen - wie etwa im Süden Yunnan (Xishuangbanna), wo die wilden Pu'erhs herstammen. Aber sie sind gewissermaßen schon wild, weil sie nicht so kultiviert (insbesondere geschnitten und in Pflückhöhe gehalten) werden wie die Teesträucher sonst üblicherweise; und sie werden deshalb dementsprechend auch höher, durchaus zwei Meter und mehr." 

Die beiden Fotos, die mir Herr Thamm hat zukommen lassen, verdeutlichen die Beschreibung doch ziemlich gut, wie ich finde.


kultivierte Teesträucher an Hang

nicht in Pflückhöhe geschnittener Strauch

Vorweg lässt sich sagen, dass die beiden Tees wirklich vorzüglich waren. Beide wurden im Tonkännchen mit gleicher Temperatur und gleichen Ziehzeiten zubereitet. 

Das trockene große, braun bis schwarz geröstete Blatt des Lao Cong Shui Xian verströmt einen intensiven Geruch nach Sommerblumenwiese.
Beim Ye Cha dominieren Holzkohlenoten im Vergleich zu Blume und auch das Blatt sieht etwas kleiner aus.


links Lao Cong Shui Xian - rechts Ye Cha
Der erste Aufguss des Lao Cong Shui Xian besitzt eine intensiv orangene Farbe, wohingegen der Aufguss des Ye Cha um einiges dunkler, leicht bräunlich ist. Die nassen Blätter verströmen nun einen Geruch, der atemberaubend intensiv ist. Die "alte Narzisse" gibt einem das Gefühl direkt in einer mit blüheneden Blumen bestückten Wiese zu liegen und der "wilde Tee" verströmt einen - von mir geliebten, atmebraubenden Holzkohle Duft.

Im Geschmack ist der  Lao Cong Shui Xian sagenhaft ausgewogen. Man hat das Gefühl, jedes einzelne Aroma kommt haargenau gleich zur Geltung. Man findet hier ein komplexes Zusammenspiel von feinen Röstaromen, angenhemer Süße und diversen Früchten. Vorallem die Fruchtnoten spielen wunderbar zusammen und es fällt mir schwer, eine bestimmte Frucht herauszuschmecken.. vielleicht etwas Feige und Pfirsich? Im Abgang wird dieses tolle Zusammenspiel von einer leckeren "Brotigkeit" ergänzt. Im Nachkläng hinterlässt er zudem ein betäubendes und leicht kribbelndes Gefühl im Rachen, sehr toll! Nur die floralen Aromen, welche die Blätter verströmen, lassen auf sich warten.

rechts der Ye Cha mit deutlich dunklerem Aufguss
Der Ye Cha gibt sich doch ziemlich anders. Er ist bei Weitem nicht so ausgewogen, viel direkter und dominater, was mir aber sehr gut gefällt! Röstaromen herrschen hier vor und auch Brot kommt stärker zur Geltung. Ein bisschen erinnert mich der erste Aufguss an Shou Pu Erh.. etwas ledrig.. Waldboden.. jedoch viel dezenter und sehr angenehm! Die Fruchtnoten kommen hintergründig vor, jedoch schmecke ich auch hier eine angehnehme Süße.

Beim zweiten Aufguss zeigt sich der Lao Cong Shui Xian noch etwas abgerundeter und es sind mineralische Anklänge zu schmecken, einfach großartig. Ab Aufguss Nummer drei kommen nun auch die floralen Aromen, gepaart mit zunehmender Süße gut zur Geltung.

Der "Wilde" hält sich jedoch sehr konstant, ohne sich geschmacklich großartig zu verändern. Braucht er aber meiner Meinung auch nicht, denn diese Intensität und Holzkohlearomen machen ihn meiner Meinung nach grnadios!


links Lao Cong Shui Xian, rechts Ye Cha - die Blätter des Ye Cha sind dunkler
Die Blätter der beiden Tees weisen wie auch der Geschmack eindeutige Unterschiede auf. Die Blätter des Lao Cong Shui Xian sind so gut wie makellos verarbeitet und sehr groß!

Die des Ye Cha hingegen sind kaum komplett erhalten und auch um einiges kleiner. Nimmt man diese in die Hand, merkt man, dass sie sich extrem leicht zereisen lassen, wohingegen sich die Blätter der "alten Narzisse" um einiges dicker, ledriger und robuster anfühlen.

sehr gut erhaltenes Batt des Lao Cong Shui Xian links

großes Blatt des Lao Cong Shui Xian
Fazit: Für die Parallelverkostung habe ich beide Tees nur 6 mal aufgegossen, da beide direkt nacheinander getrunken wurden. Natürlich sind auch mehr wohl schmeckende Aufgüsse - ca. 10 - möglich. Im Moment freue ich mich nun wirklich auf die neue Ernte und bin gespannt, was diese hervorbringen wird. Die beiden Tees waren eine schöne Erfahrung und haben mir gezeigt, dass sich trotz gleicher Herkunft und Namengebung und auch ähnlicher Verarbeitung durch Rösten und starker Fermentation, doch große Unterschiede im Geschmack finden lassen. 


Mir persönlich hat der Lao Cong Shui Xian, trotz schwächerer Röstaromen ein Stück besser gefallen, da ich eine solche Ausgewogenheit und ein solch harmonisches Zusammenspiel der Aromen bei noch keinem Tee gefunden habe.
Vielen Dank, Herr Thamm für diese beiden wunderbaren Tees!